Ich kann nicht mehr…

Weißt Du Bettina, ich kann nicht mehr – meinte in der letzten Woche eine liebe Freundin zu mir.
Und damit spricht sie aktuell vielen aus der Seele.

Ich kann nicht mehr!

Diesen Satz benutzen wir nicht gerne, nicht wahr?
Sind wir doch darauf gepolt immer zu funktionieren, immer alles im Griff zu haben und dabei auch noch gut auszusehen.

Ich persönlich empfinde diesen Satz als absolut wichtig.
Es ist wichtig sich einzustehen, daß die Dinge sich, wenn wir zu viel machen – überschlagen, es ist wichtig, zu erkennen, daß wir als menschliche Wesen keine Maschinen sind, nicht allwissend und perfekt.
Es ist wichtig, zu zeigen, daß auch wir Grenzen haben, nicht immer alles im Griff haben und uns wuuuunderbar fühlen.
Und wenn wir gefragt werden, wie es uns geht auch mal ehrlich zu sagen – jo – momentan könnte es entspannter sein…

Für Viele bedeutet es, sich eine „Niederlage“ einzugestehen, wenn der Alltag nicht bewältigt wird, es muß doch der Rasen gemäht, die Küche perfekt, das Auto gewaschen sein.

Mir ist es vor einigen Jahren so ergangen, daß ich bei einer Beerdigung dabei sein wollte um einer Freundin Beistand zu leisten.
Es war eine heftige Zeit und die Termine überschlugen sich, immer kam etwas dazwischen und ihr wißt -gerade dann, wenn wir etwas planen – überlegt sich das Leben noch eine Überraschung.

Nun – ich war da – ich fuhr auf den Kirchplatz und nach dem Aussteigen begegnete mir ein „Nachbar“ mit den Worten:
Konntest Du Dein Auto nicht noch waschen, das ist doch total dreckig…
Das Ganze, mit Blick auf seine Frau, die gerade aus dem frisch gestriegeltem Wagen stieg – und sehr wahrscheinlich Quelle des vorangegangenen Satzes war.

Fassungslos entgegnete ich nur – nein hatte ich nicht –

…und ich dachte: Ich bin hier um meiner Freundin beizustehen. Was ist hier wohl wichtiger…?

Was möchte ich damit sagen?
Ist es wichtig – beim Nachbarfest – mit frisch nachgezogenem Lippenstift -grinsend dabei zu sein und sich innerlich nicht wohl zu fühlen?
Ist es wichtig, auch das letzte Laubblatt vom Weg zu nehmen, anstatt die freie Zeit mit den Kindern im Wald spazieren zu gehen?
Ist es wichtig, wenn ich mich nicht gut fühle – trotzdem eine Maske aufzusetzen um die Fassade aufrecht zu erhalten?

Wie gehe ich dann eigentlich mit mir um?
Mit dem Menschen, mit der Seele in mir, die genau weiß, wie sie sich fühlt?
Wie ist es wenn ich mir selbst nicht zuhöre?

Weißt Du, wir haben unseren besten Freund mitgebracht – unseren Körper.
Unser Körper ist unser Kompass.

Wenn es uns nicht gut geht, wenn wir Rückenbeschwerden haben, wenn wir müde sind, unser Magen reagiert oder der Kopf –
tut es gut hinzuhören.

Nimm Dir täglich ein paar Minuten Zeit, um in Dich hinein zu hören.

Wie geht es mir?
Was brauche ich gerade jetzt?
Wie bekomme ich meinen Alltag hin, ohne mich zu verausgaben?

Muss ich dieses und jenes wirklich tun?
Oder könnte das jemand anders übernehmen?
Muss ich das jetzt tun?
Oder reicht es auch, wenn ich mich in der kommenden Woche darum kümmere.

Ist es ein MUSS?
Oder habe ich das vielleicht nur übernommen, weil ich es dachte, daß es so sein soll..
Oder ich eine “Belohnung” erwarte?
“Achtung” erwarte?

Wenn uns Dinge erschöpfen machen wir etwas falsch.
Wenn unser Akku rot zeigt – bleibt irgendwann nur die Pause – eine Zwangspause…
Also tut es doch gut hinzuhören und unserem Körper ein wahrer Freund zu sein.
Wahre Freunde – und so ist es doch im Leben – hören Dir wirklich zu…

Der erste Schritt dabei ist: Nimm es wahr – gestehe Dir ein, daß es zu viel ist.
Der zweite Schritt: Sprich darüber.
Der dritte Schritt: Hole Dir Hilfe. Manchmal sind wir erstaunt, wie gut Dinge teilbar sind
Der vierte Schritt: Akzeptiere, daß jeder von uns Grenzen hat und wenn Du Dich mal darüber unterhälst, wirst Du sehen, daß Du damit nicht alleine bist.

Ja, die Ferien sind im Anmarsch, Termine überschlagen sich und wir fühlen uns mehr und mehr urlaubsreif…

Warte nicht auf den Urlaub…
Baue Dir kleine Aus – Zeiten ein.

Heute ist Sonntag – also wenn Du heute frei hast, dann nimm Dir frei! Und das wirklich…

Nimm den heutigen Tag um Dir wirklich Ruhe zu gönnen.
Genieße die Sonne, das Leben und Dich…
Du hat hier aktuell nur Deinen Körper, Deine Seele – so behandle sie gut…

Wer könnte es tun – außer Du selbst an erster Stelle?
Wie sähe für Dich ein Tag voller (Selbst) – Liebe aus?

In diesem Sinne!

Eure Bettina